Quo vadis Kulturstadt Olten?

“Eine Stadt, die Kultur fördert, investiert in ihre Identität, ihren sozialen Zusammenhalt und ihre Zukunft. Ohne Strukturen und Transparenz bleibt kulturelle Vielfalt oft nur ein Versprechen.”

Ob Kabarett-Tage, Literaturbühnen oder Rave-Organisator:innen– Olten verfügt über eine vielfältige und lebendige Kulturszene. Diese vor allem ehrenamtliche Arbeit bringt der Stadt Attraktivität und Ansehen und ist ein unerlässlicher Wirtschaftsfaktor. Langjährige Kulturplayer:innen kennen mittlerweile die Abläufe und Möglichkeiten einer Vernetzung. Jüngere Kulturschaffende und Erst-Veranstaltende erleben es anders: Für sie ist die potenzielle Unterstützung durch die Stadt komplex und nur schwer durchschaubar, da die Zuständigkeiten verzettelt sind.

Die Stadt Olten hat unter anderem deshalb in einem breiten, partizipativen Prozess die Kulturstrategie 2024–2030 erarbeitet und verabschiedet, welche von Kulturschaffenden sehr geschätzt wird. Dieses Dokument bietet eine klare Grundlage für die nachhaltige Weiterentwicklung der städtischen Kulturpolitik, die auf Vielfalt, Innovation und Transparenz setzt. Ein zentraler Pfeiler zur Umsetzung der Kulturstrategie war die Schaffung einer Fachstelle Kultur. Diese wurde jedoch im November 2024 im Parlament mit dem knapp möglichsten Ergebnis von Mitte/GLP/EVP/FDP und SVP abgelehnt. Dennoch bleibt der Bedarf nach Koordination, Transparenz und Förderung bestehen, wie die Kulturstrategie deutlich festhält.

Ich werde im folgenden erläutern, wieso ich die Kulturfachstelle einen entscheidenden Faktor für eine nachhaltige Kulturszene gesehen hätte und anschliessend ein erstes weiteres Vorgehen andenken.

Wieso Kulturfachstelle?

Das Einsetzen einer Kulturfachstelle in Olten wäre nicht nur eine notwendige Investition in die kulturelle Vielfalt unserer Stadt gewesen, sondern auch endlich ein Bekenntnis zu einer zukunftsgerichteten, fairen und nachhaltiger Kulturpolitik. Die vorgeschlagene 60%-Stelle wäre zentral, um die Strategie „Kulturstadt Olten 2024–2030“ effektiv umzusetzen zu können und das ganze Potenzial unserer Kulturszene zu entfalten​​.

Als Vorstandsmitglied von ProKultur habe ich mich in den vergangenen Wochen gemeinsam mit meinen Mitstreiter:innen intensiv mit Vertreter:innen der Kulturszene ausgetauscht. Die Rückmeldungen waren fast durchs Band positiv: Viele Kulturakteur:innen sehen die Schaffung der Fachstelle als essentiell, um die Herausforderungen wie unklare Ansprechstrukturen, fehlende Vernetzung und teilweise intransparentem Zugang zu Fördermitteln endlich anzugehen. Im Oltner Tagblatt war auch zu lesen, dass damalige Gegner:innen der Volksinitiative bei der vorliegenden Vorlage klar anderer Meinung sind. Diese Fachstelle wäre nicht nur eine Anlaufstelle für Kulturschaffende, sondern auch ein professionelles Bindeglied zwischen der Kultur, Verwaltung​​ und der Bevölkerung.

Einen so gut abgestützten Prozess habe ich während meiner Zeit im Stadtparlament selten erlebt. Die Strategie „Kulturstadt Olten 2024–2030“ wurde in einem partizipativen Verfahren erarbeitet, wo alle Akteure einbezogen wurden, sowohl etablierte Kulturplayer als auch neuere kleinere junge Kulturschaffende. Vom Mitwirkungsprozess über die Strategieentwicklung bis hin zur klaren Definition von den Aufgaben und Ziele von dieser Fachstelle ist sorgfältig und transparent gearbeitet worden. Dieses Vorgehen ist vorbildlich und verdient Respekt​.

Für mich sprechen 4 Argumente hauptsächlich für die Kulturfachstelle

  1. Fachkompetenz: Die Kulturfachstelle kann Themenführerin für Kultur innerhalb der Stadtverwaltung sein und sorgt als Koordinationsstelle für Wissenstransfer und Vernetzung. Sie kann den Kulturschaffenden fachkundige und unabhängige Unterstützung bieten. Dies ist umso wichtiger, da der langjährige Stadtschreiber Markus Dietler als Know-how-Träger im Kulturbereich in Pension gehen wird
  2. Stärkung der sozialen Teilhabe: Die Fachstelle kann Chancengleichheit fördern, insbesondere für junge Kulturschaffende aber auch von Menschen mit Migrationshintergrund.
  3. Effiziente Mittelverwendung: Die Fachstelle sorgt für transparente und unabhängige Entscheidungen bei der Vergabe von Fördergeldern. Es geht nicht mehr nur darum, wer die besten Connections eh schon hat.
  4. Erfolgsmodell in anderen Städten: Aarau, Baden und Köniz haben uns das vorgemacht und da hat sich gezeigt, dass solche Stellen essenziell für eine nachhaltige Kulturförderung sind.

Gerne gehe ich noch auf einige Kritikpunkte ein, die vor und während der Debatte zu lesen und hören waren:

  1. Kulturkommission statt Fachstelle
    Die Idee, die Aufgaben der Fachstelle stattdessen einer Kulturkommission zu übertragen, überzeugt nicht. Eine Kulturkommission ist ein Gremium aus Freiwilligen mit begrenzten zeitlichen Ressourcen. Für eine so zentrale Aufgabe wie die Umsetzung der Kulturstrategie braucht es jedoch kontinuierliche Präsenz, Expertise und eine klare institutionelle Verankerung. Die Fachstelle kann den nötigen fachlichen und organisatorischen Rückhalt bieten, was eine ehrenamtliche Kommission nicht leisten kann. Weder als parlamentarische noch als ausserparlamentarische Kommission.
  2. Vorwurf des „Klumpenrisikos“:
    Es wurde argumentiert, dass die Fachstelle ein „Klumpenrisiko“ darstellen könnte oder die Professionalisierung darunter leiden würde. Dieses Argument kann ich nicht ganz nachvollziehen. Im Gegenteil: Wenn der Stadtrat die Kulturförderung weiterhin „nebenher“ mitbetreuen muss, fehlt schlichtweg die Zeit und Expertise für eine strategische Steuerung. Es darf nicht davon abhängen, ob eine Person gute persönliche Beziehungen zu einem Stadtrat hat, um Unterstützung zu erhalten. Die Fachstelle schafft hier Transparenz und Gleichbehandlung​​.

Zusamenfassend: Die Schaffung der Fachstelle wäre eine Investition in die Zukunft unserer Stadt und in den gesellschaftlichen Zusammenhalt gewesen. Sie ist das Ergebnis eines durchdachten und integrativen Prozesses, wo weit über das hinausgeht, was häufig bei solchen Projekten üblich ist. Die Fachstelle würde nicht nur die Kulturszene stärken, sondern auch das Vertrauen in eine transparente und professionelle Verwaltung fördern.

Wie geht es weiter?

Wie die Kulturstrategie konkret umgesetzt wird, ist derzeit unklar – auch für die Gegner:innen der Kulturfachstelle. Entscheidend für mich ist, dass die Kulturstrategie nun kein „Papiertiger“ wird und in irgendeiner Schublade verschwindet. Ich habe deswegen am 19. Dezember 2024 im Parlament eine Interpellation eingereicht. In dieser Interpellation möchte ich vom Stadtrat wissen, wie er gedenkt die im Handlungsplan der Kulturstrategie formulierten Massnahmen (z.B. Vernetzung, Transparenz, Projektförderung) ohne eine Kulturfachstelle trotzdem umzusetzen. Die Interpellation Kulturstrategie findest du hier. Desweiteren gibt es einen Vorstoss von der Mitte-Fraktion, in Zukunft alle diese Aufgaben mit einer „Feierabend-Komission“ aus Miliz-Vertreter:innen abzudecken. Ich sehe das eher kritisch. Für eine so zentrale Aufgabe braucht es kontinuierliche Präsenz, Expertise und eine klare institutionelle Verankerung.