Ende Oktober schliesst die Notschlafstelle in Olten – und das trotz fast 4000 Übernachtungen seit der Eröffnung im April 2024. Besonders dramatisch: Die Schliessung fällt mitten in den Beginn der kalten Jahreszeit. Menschen ohne Dach über dem Kopf verlieren damit eine zentrale Anlaufstelle.
Gemeinsam mit Cécile Send (Junge SP), Lukas Lütolf & Gian Baumann (Junge Grüne), Beat Bachmann (EVP) und Olivia Imhof (OJ) habe ich deshalb eine dringliche Interpellation eingereicht: Wie weiter mit der Notschlafstelle?
Wir wollen Antworten darauf, wie die Stadt Olten in Zukunft sicherstellen will, dass das Grundrecht auf Nothilfe (Art. 12 BV) gewährleistet wird, auch ausserhalb der Bürozeiten des Sozialamts. Es braucht dringend eine langfristig tragfähige Lösung für Menschen in Not.
Niemand darf im Winter (in Olten) auf der Strasse schlafen müssen!
Die ganze Interpellation findest du hier: http://florianeberhard.ch/wp-content/uploads/2025/09/Dringliche-Interpellation-Notschlafstelle.pdf
Mein Votum im Parlament am 25.09.2025 dazu:
Im Namen der Interpellant*innen danke ich dem Stadtrat Raphael Schär für die Antworten auf unsere dringliche Interpellation und dem Parlament für das Erkennen der Dringlichkeit in diesem Anliegen; einem Anliegen, von dem besonders vulnerable Personen besonders betroffen sind.
Ein grosses Dankeschön geht an dieser Stelle auch nochmals an den Verein Schlafguetund alle Freiwilligen, die sich in den letzten eineinhalb Jahren mit enormem Engagement eingesetzt haben. Sie haben Olten wärmer, sozialer und menschlicher gemacht – trotz schwierigen Voraussetzungen, trotz fehlender Verantwortungsübernahme durch politische Entscheidungsträger:innen und trotz Widerständen von Menschen, die das Projekt von Anfang an verhindern wollten.
Wichtig ist mir zu betonen: In dieser Diskussion geht es nicht nur um den Verein Schlafguet und ihrem Projekt, sondern um das Ziel: In Olten soll und muss niemand ohne Dach über dem Kopf sein müssen! Der Verein und seine Strukturen sind eine starke und naheliegende Lösung gewesen – aber letztlich darf sich die öffentliche Hand in einem derart sensiblen Thema nicht einfach auf private Strukturen verlassen. Wenn es kein passendes Angebot gibt, muss der Staat Verantwortung übernehmen und Lösungen schaffen.
Es ist uns bewusst – und da sind wir mit dem Stadtrat einig –, dass die Stadt Olten nicht die alleinige Verantwortung für den Betrieb einer Notschlafstelle trägt. Die Zuständigkeit liegt in einem Konglomerat zwischen Kanton, VSEG und Stadt. Allenfalls auch in der Zusammenarbeit mit anderen Kantonen. Es freut uns zu lesen, dass sich der Stapi Thomas Marbet an der Vorstandssitzung des VSEG für eine finanzielle Beteiligung stark gemacht hat.
Gleichzeitig macht es sich der Stadtrat jetzt aber, mit dieser neuen Ausgangslage, zu einfach, wenn er sich mit dieser Begründung von einer nicht ein-eindeutigen alleinigen Verantwortung zurückzieht. Die Realität ist: Bisher sind die anderen Player nicht aktiv geworden – weder der Kanton noch die Sozialregion noch die Nachbargemeinden. Wenn hier nichts passiert, dann erwarten wir, dass Olten als Zentrum der Region den Lead übernimmt. Verantwortung tragen heisst auch, Führung zu übernehmen, wenn andere untätig bleiben und die eigene Verhandlungsmacht dem Verein unterstützend zur Seite stellt.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: In eineinhalb Jahren wurden knapp 4000Übernachtungengezählt. Jede Nacht haben im Schnitt 9 Personen übernachtet. Das ist ein eindeutiger Beleg dafür, dass es ein solches Angebot braucht. Der Verweis auf die Hotelgutscheine überzeugt uns nicht: Sie sind nur während Bürozeiten erhältlich und setzen voraus, dass Menschen in einer akuten Notsituation bürokratische Hürden überwinden müssen. Eine Notschlafstelle muss jedoch niederschwellig und jederzeit zugänglich sein und bietet zusätzlich professionelle Unterstützung und niederschwellige Beratung. Eine Notschlafstelle kann als erster Anknüpfungspunkt fungieren bei Menschen, die aus diversen Gründen mit staatlichen Strukturen Schwierigkeiten haben.
Zu Antwort 2: Fairer Punkt, Schlafguet hat ebenfalls keinen 24h Service geboten, zwischen 10Uhr nachts in der Notschlafstelle und “geschlossen von Freitag 16:00 bis Montag um 9 Uhr” bei der Sozialregion gibt es doch eine kleine Differenz. Und ausserdem: Die Polizei konnte um jede Zeit Menschen bringen.
Sich hinter der Minimalerfüllung gesetzlicher Vorschriften zu verstecken wenn es um Nothilfe geht, ist für uns zu wenig für einen linken Stadtrat. Würden wir als Stadt nur genau das machen, was übergeordnetes Recht verlangt, bräuchte es dieses Parlament und auch den Stadtrat nicht mehr.
Die Antworten zeigen, dass sich der Stadtrat mit der Thematik beschäftigt hat – aber sie greifen zu kurz. Wir erwarten, dass Olten eine proaktive Rolle übernimmt, Verantwortung trägt und den Lead in diesem Prozess ergreift. Das kann durch das Errichten eines eigenen Angebots sein, bestehendes Angebot ausbauen oder mit anderen Organisationen, vielleicht auch aus anderen Städten, zusammenarbeiten.
Am Schluss geht es um Menschen in Not und darum, dass niemand in unserer Stadt im Winter ohne Dach über dem Kopf bleiben muss. Es sind die betroffenen Menschen, die unter dem Verantwortung hin- und herschieben, leiden.

